Du öffnest den Wasserhahn und frisches, klares Trinkwasser sprudelt hervor – was für uns seit einigen Generationen zur Selbstverständlichkeit geworden ist, stellt in Europa historisch gesehen aber ein Novum dar. Auch heute noch ist die Wasserversorgung in vielen Teilen der Welt an öffentliche Brunnen gekoppelt, von denen die einzelnen Haushalte der Gemeinde ihr Wasser in „Handarbeit“ beziehen. In Deutschland war das bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ebenfalls die übliche Art und Weise, in der die Menschen ihr Wasser erhalten haben.
Städte und Siedlungen wurden daher häufig an Wasserläufen, Flüssen oder Seen angelegt, um den Zugang zu Wasser so einfach wie möglich zu gestalten. Problematisch war dabei, dass das Abwasser meistens auf den Straßen landete oder ebenfalls in die Gewässer geleitet wurde, was zu zahlreichen Ausbrüchen von Krankheiten wie z. B. Cholera führte.
Vereinzelt gab es auch im 18. Jahrhundert bereits Systeme zur Wasserversorgung, die üblicherweise aber nur dem Adel oder dessen Bediensteten zur Verfügung standen. Ein Beispiel hierfür ist das Wasserwerk Karlsruhe, das schon 1764 in Betrieb ging.
Mit dem Aufkommen der modernen Wissenschaft und Medizin wurden nach und nach die Rufe nach einer zentralen Versorgung mit sauberem Wasser sowie einem Abwassersystem für alle Bürger lauter und lauter. Als 1842 bei einem verheerenden Brand Hamburg zu großen Teilen zerstört worden war, wurde dort im Zuge des Wiederaufbaus die erste städtische Trinkwasserversorgung Europas errichtet. Das Wasser wurde damals noch aus der Elbe gepumpt, heute stammt es jedoch aus dem Grundwasser.
Bis ein Großteil der Städte und Gemeinden in Deutschland ein ähnliches Privileg genießen konnten, dauerte es aber noch viele Jahre. München zum Beispiel erhielt erst 1883 sauberes Trinkwasser, in Stuttgart wurden ab 1870 erste Wasserwerke zur kommunalen Versorgung errichtet.
Auch für Gebiete, die abseits von Wasserläufen und ‑quellen liegen, wie z. B. die Schwäbische Alb, wurde zu dieser Zeit eine Wasserversorgung aufgebaut. Zuvor wurde sauberes Wasser noch vielfach mit von Pferden gezogenen Tankwagen in die Gemeinden gebracht und dort verteilt. Die sogenannte Albwasserversorgung gilt als herausragende Ingenieursleistung dieser Zeit und fand auch internationale Anerkennung.
Nicht immer genügten die lokal vorhandenen Wasserressourcen und bis in die 1960er kam es vor allem im Südwesten der Republik zu Wassermangel. Deshalb wurde 1954 die deutschlandweit größte Fernwasserversorgung ins Leben gerufen, der Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung. Etwa vier Millionen Menschen in Baden-Württemberg erhalten heute ihr Wasser aus dem Bodensee.
Inwiefern die erwartete Veränderung des Klimas weitere Entwicklungen der Wasserversorgung in Deutschland nötig macht, wird die Zukunft zeigen. Sicher ist aber, dass ein sparsamer Umgang mit der Ressource Wasser nicht schaden kann.
Quellen:
https://www.planet-wissen.de/natur/umwelt/wasserversorgung_in_deutschland/index.html
https://www.hamburgwasser.de/privatkunden/unser-wasser/der-weg-des-wassers
http://www.kommunale-stadtwerke.de/stadtwerke/geschichte/
https://de.wikipedia.org/wiki/Albwasserversorgung
https://www.bodensee-wasserversorgung.de/unternehmen/zahlen-daten-fakten.html
https://www.bodensee-wasserversorgung.de/unternehmen/historie.html